BWM BMWSB und BMVg Arbeitshilfen Kampfmittelräumung
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3.1 Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern

(1) Nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung des GG sind grundsätzlich die Länder für staatliche Maßnahmen zuständig. Art. 30 GG bestimmt insoweit, dass es den Ländern obliegt, die staatlichen Befugnisse auszuüben und die staatlichen Aufgaben zu erfüllen, es sei denn, das GG trifft eine andere Regelung oder lässt etwas anderes zu. Darüber hinaus bestimmt Art. 83 GG, dass die Länder grundsätzlich auch für die Ausführung von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheiten zuständig sind.

(2) Die Beseitigung von Kampfmitteln dient der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben des Menschen und für Sachgüter und gehört damit zu dem Sachgebiet des Polizei- und Ordnungsrechts. Die Kampfmittelbeseitigung als Gegenstand des Polizei- und Ordnungsrechts ist daher grundsätzlich eine Aufgabe der Länder (PIEROTH in: JARASS/PIEROTH, GG-Kommentar, 3. Auflage, Art. 70 Rn. 12). Hieraus lässt sich ableiten, dass die Länder dazu verpflichtet sind, die gesetzlichen Regelungen auf Landesebene zu schaffen, die Kampfmittelräumung zu organisieren und die personellen und finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Hierfür wurden i. d. R. von den Ländern Kampfmittelbeseitigungsdienste geschaffen und Verordnungen erlassen.

(3) Die Zuständigkeit des Kampfmittelbeseitigungsdienstes der Länder endet dann, wenn er in die hoheitlichen Befugnisse und Aufgaben anderer Verwaltungsträger eingreifen würde. Dementsprechend bestimmen auch einige Kampfmittelverordnungen der Bundesländer ausdrücklich, dass die Regelungen der Verordnungen nicht für Kampfmittelräumungen bei der Bundeswehr, beim Zoll, beim Bundesgrenzschutz und bei der Polizei gelten.

(4) Aus diesen Gründen ist eine Polizei- und Ordnungsbehörde oder ein Kampfmittelbeseitigungsdienst der Länder nicht befugt, z. B. auf einer Liegenschaft der Bundeswehr ordnungsrechtlich vorzugehen, wenn dadurch in die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben eingegriffen wird – es sei denn, dass die Bundeswehr die betreffende Stelle um Amtshilfe ersucht. Eine originäre Zuständigkeit der örtlichen Polizei- und Ordnungsbehörde entsteht auf solchen Grundstücken erst dann, wenn der Hoheitsträger die Liegenschaft aufgegeben hat oder nicht mehr für hoheitliche Zwecke verwendet.

(5) Vergleichbares gilt für andere Hoheitsträger. Hierbei muss allerdings genau danach unterschieden werden, ob die Kampfmittelräumung den Hoheitsbereich tangiert oder nicht. Bei der reinen Fiskalverwaltung, z. B. bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bzw. dem Sondervermögen des Bundes, sind durch die Kampfmittelräumung die Hoheitsbefugnisse des Bundes i. d. R. nicht berührt. In diesen Fällen wird der Bund wie ein privater Grundstückseigentümer betrachtet, so dass dort das Land für die Kampfmittelbeseitigung zuständig ist. Dies gilt auch für Bundesfernstraßen.

(6) Differenziert zu betrachten ist eine Kampfmittelräumung beispielsweise auf einer Bundeswasserstraße. Die eigentliche Kampfmittelräumung berührt hier nicht ohne Weiteres die Hoheitsbefugnisse der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, so dass das Land für die Kampfmittelbeseitigung zuständig ist. Andererseits ist es aber dem Land z. B. verwehrt, die Schifffahrt auf einer Bundeswasserstraße zwecks Räumung eines Bombenblindgängers zu sperren.

(7) In allen anderen Fällen sind die Länder für die Kampfmittelbeseitigung zuständig. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Unterschieden von Bundesland zu Bundesland im Hinblick auf

  • Begriffsdefinitionen,
  • Organisation und Zuständigkeiten der Kampfmittelbeseitigungsdienste der Länder,
  • Finanzierung der Kampfmittelbeseitigung.

(8) So finden sich beispielsweise in den Landesgesetzen von Berlin, Hessen und Saarland keine Definitionen des Begriffs Kampfmittel. In Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen werden Kampfmittel als Bomben und Munition sowie deren Teile definiert, die Explosivstoffe enthalten. Weitergehender sind die Definitionen in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Dort zählen auch unbrauchbare Munition und solche Gegenstände zu den Kampfmitteln, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie Explosivstoffe enthalten.

(9) Sehr unterschiedlich sind auch die Aufgaben und die Organisationsformen der Kampfmittelbeseitigungsdienste der Länder geregelt. In den meisten Bundesländern wurde ein staatlicher Kampfmittelbeseitigungsdienst eingerichtet, der die gefahrgeneigten Aufgaben der Beseitigung der Kampfmittel (z. B. durch Sprengung) durch eigene Kräfte erledigt und im Übrigen private Fachfirmen mit der Erkundung, Sondierung, Freilegung und dem Transport beauftragt. Eine fast vollständige Privatisierung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes gibt es in Bayern und in Thüringen.

(10) Die Regelungen und Zuständigkeiten in den jeweiligen Bundesländern werden im Anhang 1.3 gesondert dargestellt.


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