BWM BMWSB und BMVg Arbeitshilfen Kampfmittelräumung
Start TextteilAnhängeAnlagenMaterialienLinks
Sie sind hier: Startseite > Anhänge > A-9 Technische Spezifikationen > A-9.3 Phase B > A-9.3.6 Anforderungen Bericht Gefährdungsabschätzung

A-9.3.7 Bohrlochgeoradar

1 Geltungsbereich

Diese Technische Spezifikation bezieht sich auf Bohrlochgeoradaruntersuchungen für die Suche nach Bombenblindgängern vorzugsweise ab 100 lb Größe bzw. vergleichbar große Kampfmittel.

Die Georadarmessungen werden von den elektrischen Eigenschaften des Untergrunds beeinflusst.

Die Messung mittels Bohrlochgeoradar basiert im Gegensatz zur Bohrlochmagnetik nicht auf den magnetischen Eigenschaften der Objekte und des Untergrunds. Ferromagnetische Störkörper haben hier keine Auswirkungen auf die Messungen. Sie können in der Regel auch dort eingesetzt werden, wo eine Sondierung mittels Geomagnetik auf Grund eines hohen Störeinflusses nicht oder nur schwer zu realisieren ist. Hierzu zählen z. B. die Messungen vor Spundwänden, in Bereichen bewehrter Pfahlgründungen oder in der Nähe von Stromleitungen oder Bahntrassen.


2 Allgemeine Anforderungen

Die Anwendbarkeit von Bohrlochgeoradar hängt stark von den örtlichen geologischen und hydrogeologischen, insbesondere von den petrophysikalischen Bedingungen ab.

Allgemein gute Bedingungen für die Kampfmittelsuche mittels Bohrlochgeoradar bieten vor allem trockene Sande und alle homogen strukturierten Böden mit geringen Steingehalten und niedrigen elektrischen Leitfähigkeiten. Auch in feuchten und wassergesättigten Sanden lassen sich Bohrlochgeoradarmessungen in der Regel gut ausführen. Die dort üblichen elektrischen Leitfähigkeiten stellen keine Beschränkungen dar.

Anders verhält es sich bei Böden und Sedimenten mit hohem Feinkornanteil. In schluffigen, lehmigen oder tonigen Sedimenten ist allgemein die elektrische Leitfähigkeit erhöht, so dass die Reichweite der Messungen reduziert wird. In diesen Fällen ist Bohrlochgeoradar nur in Ausnahmefällen einsetzbar. Insbesondere in Bereichen mit Salz- oder Brackwasser ist der Einsatz des Bohrlochgeoradars immer aussichtslos.

Des Weiteren sind Böden mit stark heterogener Wassergehaltsverteilung wie auch stark steinhaltiger und hohlraumreicher Untergrund wie z.B. Auffüllungen aus Bauschutt generell sehr problematisch für die Kampfmittelsuche mit dem Bohrlochgeoradar.

Hieraus folgt, dass die Anwendbarkeit von Bohrlochgeoradar im Vorfeld einzelfallbezogen zu untersuchen und zu prüfen ist. Sofern Baugrunduntersuchungen oder Bodenkarten vorliegen, können damit erste Einschätzungen des Untergrunds hinsichtlich der Eignung für Georadarmessungen erfolgen. Liegen diese nicht vor, sind Untersuchungen hinsichtlich der Sedimentologie und der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit durchzuführen.

An Aufschlüssen oder Bohrungen soll wenigstens eine grobe Ansprache der Bodenarten und der Bodenfeuchte erfolgen. Auch die Lage des Grundwasserspiegels ist, sofern bekannt, zu registrieren. Mit dem Bohrlochgeoradar sind Reichweitenmessungen durchzuführen. Falls im Bereich der Bohrung Schichtwechsel auftreten, ist die geringste gemessene Reichweite für die Planung der Bohrlochabstände zu Grunde zu legen. Die Ergebnisse dieser Voruntersuchungen sind schriftlich zu dokumentieren. Bohrlochgeoradaruntersuchungen sind in der Regel (und sofern dies durchführbar ist) durch magnetische Bohrlochsondierungen (siehe TS A-9.3.12 Planung und Ausführung der Bohrlochmagnetik) abzusichern. Die Ergebnisse der magnetischen Bohrlochsondierungen sind bei der Auswertung der Bohrlochgeoradaruntersuchungen zu berücksichtigen.


3 Vorgehensweise

3.1 Arbeitsschritte

Die Durchführung von Bohrlochgeoradaruntersuchungen wird in folgende Arbeitsschritte unterteilt:

  • Koordinatenmäßige Bestimmung der Fläche(n), Flächenstreifen oder Verdachtspunkte aus den Planungsunterlagen, die mittels Bohrlochgeoradar untersucht werden sollen.
  • Bei flächenhaften Untersuchungen sind generell Reichweitenmessungen durch den Anbieter durchzuführen. Bei Einzelbohrungen wie bspw. bei Pfahlgründungen kann hierauf verzichtet werden sofern nachgewiesen wird, dass die erforderliche Reichweite der Erkundung erzielt wird.
  • Auf Basis der Reichweitenmessungen sind das Bohrlochraster bzw. die Bohransatzpunkte festzulegen.
  • Durchführung der Untersuchungen.
  • Dokumentation der Untersuchungen.
  • Dokumentation der Qualitätssicherung.

3.2 Anforderungen

3.2.1 Festlegung der Messflächen / des Bohrlochrasters

Der Umriss der Messfläche ist als Koordinatenzug (Polygonzug) zu dokumentieren und im Lageplan darzustellen. Die Unterlagen sind bei dem AG vor Beginn der Arbeiten zur Kenntnisnahme einzureichen. Bestandteil der einzureichenden Unterlagen ist auch das Bohrlochraster (s.a. folgende Kapitel).

Alle Bohransatzpunkte sind auf einer Karte einzuzeichnen, eindeutig zu benennen und mit Koordinaten zu belegen.

3.2.2 Anlage, Einmessung und Durchführung der Bohrungen

Das Bohrraster ist auf Grundlage der im Vorfeld durchgeführten Reichweitenmessungen und Berücksichtigung der Eigenschaften der gesuchten Objekte durch den AN so zu planen, dass detektierte Objekte in ihrer räumlichen Lage eindeutig bestimmt werden können. Die Planung des Bohrrasters ist zu dokumentieren und zu begründen. Die Planung ist dem Auftraggeber im Vorfeld der flächenhaften Untersuchung vorzulegen. Bei Bedarf, z. B. bei unterschiedlichen Reichweiten auf der zu untersuchenden Fläche, ist die Planung für das Bohrraster durch den AN kontinuierlich anzupassen. Die Bohrlochabstände werden in der Regel zwischen ein und drei Metern liegen.

Die Bohrloch- und Verrohrungstiefe ist mindestens zwei Meter tiefer als die größte erwartete Tiefe der zu sondierenden Kampfmittel zu wählen. Der Bezugspunkt hierfür ist die Mitte zwischen dem Sender und dem Empfänger der Bohrlochsonde.

Vor Beginn der Bohrungen sind Leitungs- und Kabelpläne einzuholen (Schachterlaubnis) und dem AN nach Möglichkeit digital zu übergeben. Die Flächen sind mit einem geeigneten Suchgerät zu überprüfen. Falls erforderlich sind Suchschachtungen durchzuführen.

Nicht anzuwenden sind Bohrungen mit einem schlagenden, rammenden oder rüttelnden Verfahren. Die Bohrungen sind drehend mit Schnecke / Schappe auszuführen. Bohrkronen als Schneidewerkzeug sind nur in Ausnahmefällen nach entsprechender Gefährdungsabschätzung und Absicherung der Bohrungen zulässig.

Spülbohrungen sind nicht zulässig, weil die hierdurch entstehende heterogene Wasserverteilung im Untergrund zur Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit in zuvor schwächer feuchten Böden führt und dies einen Nachteil für die Radarmessungen darstellt. Auch Kavernen, die im Boden entstehen können, wirken sich nachteilig aus.

Beim Auftreten von plötzlichen, ungewöhnlichen Widerständen ist die Bohrung sofort aufzugeben. Der neue Ansatzpunkt muss einen Abstand haben, der gewährleistet, dass das Bohrhindernis nicht erneut angebohrt wird und gleichzeitig eine Abdeckung der zu untersuchenden Fläche durch das Bohrlochgeoradar garantiert ist.

Die Bohrlöcher sind mit einem Kunststoff-Rohr mit unterer Verschlusskappe zu verrohren. Benachbarte Bohrlöcher sind aus den Bohrlochgeoradarmessungen selbst oder durch magnetische Bohrlochsondierungen in den jeweiligen Bohrlöchern (abschnittsweise Freigabe) oder aus benachbarten Bohrlöchern (Reichweiten beachten) freizugeben. Die Freimessung ist in geeigneter Weise für den Bohrtrupp zu dokumentieren.

3.2.3 Sondierung

  • Allgemein gilt, dass eine verbindliche Auswertung der Messdaten nicht vor Ort sondern erst nach entsprechender Datenbearbeitung nur im Büro erfolgen kann.
  • Vor dem Beginn der eigentlichen Messungen ist mit dem Bohrlochgeoradar-System eine Messung in Luft durchzuführen. Diese Messung dient als Funktionstest und zur Bestimmung der Verzögerung des Messeinsatzes, der durch die Elektronik der Apparatur bestimmt wird. Damit wird der Zeitnullpunkt bestimmt, der für die korrekte Angabe von gemessenen Entfernungen notwendig ist. Dies ist zu dokumentieren.
  • Für die Durchführung der Messungen muss ein an dem Radarsystem ausgebildeter Geophysiker bzw. Geowissenschaftler oder Techniker beteiligt sein, der die Radargramme vor Ort beurteilen und ggf. die Einstellung der Messparameter verändern kann.
  • Für die Messungen ist die Bohrlochgeoradar-Antenne im Bohrloch über die gesamte Länge von unten nach oben zu ziehen. Dabei ist zu gewährleisten, dass der geforderte Abstand zwischen zwei Messpunkten sowie die Ortsreferenzierung der Messwerte zur Tiefe im Bohrloch den nachfolgend angegebenen Spezifikationen entsprechen. Für Reflexionsmessungen in Einzelbohrlöchern sind Sende- und Empfangsantenne übereinander montiert. Der Mittelpunkt zwischen den beiden Antennen dient als Tiefenreferenz für die Messungen.

Spezifikationen Messungen mit Bohrlochgeoradar:

  • Einsatz von Bohrlochgeoradar-Antennen im Frequenzbereich zwischen 150 MHz und 500 MHz (abhängig von der Größe des gesuchten Kampfmittels).
  • Die oberen 1 – 1,5 m der Bohrlöcher sind wegen der Konfiguration der Bohrlochsonden bzw. der Überlagerung der direkten Welle im Bohrloch nicht auswertbar (dieser Bereich kann von Messungen mit dem Oberflächengeoradar abgedeckt werden).
  • Sofern ein bereits mit anderen Verfahren detektiertes Verdachtsobjekt näher untersucht werden soll, sind dem Einzelfall angepasste Frequenzen zu nutzen.
  • Entsprechend der Aufgabenstellung und den petrophysikalischen Bedingungen des Untergrundes kann eine Untersuchung mit zwei Antennensystemen unterschiedlicher Mittenfrequenzen erforderlich sein.
  • Untersuchungen von Flächen sind durch Reflexionsmessungen in einem Bohrraster durchzuführen. Die Abstände der Bohrlöcher sind so zu wählen, dass sie die Reichweitenmessung berücksichtigen und eine sichere Detektierbarkeit des Kampfmittels ermöglichen.
  • Vollständige Auswertung aller durchgeführten Bohrlochgeoradarmessungen und ggf. unter Berücksichtigung der magnetischen Bohrlochsondierungen zur Auswertung des Nahbereichs der Bohrlöcher.
  • Messpunktabstand entlang der Tiefenachse ≤ 0,10 m.
  • Positionierungsgenauigkeit eines Messwertes zur Tiefe im Bohrloch (gemessen von der Oberkante der Verrohrung) ≤ 0,10 m.

3.2.4 Dokumentation

Erstellen eines Berichtes über die Untersuchungen mit folgendem Inhalt:

  • Projektname, -beschreibung, -ziel, Durchführungszeitraum, eingesetzte Technik, Messtechniker, Tagesleistung mit der Angabe der Anzahl der durchgeführten Bohrlochmessungen inkl. Tiefen, Witterungsbedingungen, Lageplan der Messflächen, Maßnahmen der Qualitätssicherung, Besonderheiten, Anlagen (siehe nachfolgende Punkte).
  • Lageplan des Bohrrasters mit Koordinatenliste. Das Koordinatenbezugssystem ist UTM / ETRS89. Die geforderte Genauigkeit beträgt < 0,20 m.
  • Lageskizze von sichtbaren bzw. bekannten Störkörpern (z.B. Leitungen, Fundamente, Masten) im Bereich der Untersuchungsfläche.
  • Ausführliche Dokumentation der Messdatenaufbereitung inkl. aller Bearbeitungsschritte mit Angabe der dafür eingesetzten Parameter.
  • Angabe der Qualitätssicherungsmaßnahmen.
  • Übergabe der vollständigen Messdaten in digitaler Form in einem mit dem AG abgesprochenen Datenformat.

3.2.5 Qualitätssicherung

Die fehlerfreie Funktion des Messsystems ist in geeigneter Weise kontinuierlich zu überprüfen und im Tagesbericht zu dokumentieren, z.B. durch einen täglichen Reichweitentest.

Änderungen der Bodenverhältnisse können die Reichweite des Bohrlochgeoradars beeinflussen. Durch ergänzende Reichweitenmessungen ist sicher zu stellen, dass mögliche Heterogenitäten der Untersuchungsfläche im Bohrlochraster berücksichtigt werden.


▲ zurück nach oben